Droht der denkmalgeschützten Hansabibliothek die Schließung?

Die Hansa-Bibliothek ist nicht nur eine beliebte Bücherei, sondern auch ein architektonisches Kleinod aus den 1950er Jahren. Das Gebäude wurde nach Entwürfen von Werner Düttmann 1956/57 errichtet und steht heute unter Denkmalschutz. Derzeit droht dem kulturellen Mittelpunkt des Hansaviertels die Schließung. Doch gegen die Pläne der SPD regt sich großer Protest.

Die Hansa-Bibliothek entstand im Rahmen der internationalen Bauausstellung Interbau, die 1957 im Hansaviertel am nordwestlichen Rand des Tiergartens abgehalten wurde und der Berliner Öffentlichkeit die „Stadt von Morgen“ präsentierte. Mit dem Bau der Volksbücherei wurde der damalige Regierungsbaurat Werner Düttmann (1921-83) beaufragt, der kurze Zeit später auch die nahe Akademie der Künste entwarf. Während am nördlichen Ausgang des U-Bahnhofs Hansaplatz ein Ladenzentrum mit Kino (heute Grips-Theater) entstand, sollte am südlichen Ende der Station mit der Bibliotehk ein kultureller Mittelpunkt für das neue Viertel geschaffen werden. Düttmann plante ein eingeschossiges vierflügeliges Haus auf quadratischem Grundriss von 33,75 Metern Länge. Der Bau mit einem atriumsartigen Hof in der Mitte wurde als Stahlbetonrahmenkonstruktion ausgeführt und von außen verklinkert. Dem Entwurf lag die Idee zugrunde, ein sichtbar offenes, demokratisches Haus zu errichten, das mit seiner Umgebung in direktem Austausch steht. Der zwischen U-Bahnstation und Bibliothek gedeckte Verbindungsgang führt direkt auf die bescheidene Glastür des Haupteingangs. Im Innern sorgen große Fensteröffnungen für ein transparentes sowie freundliches Raumgefühl. Der Hof ist als Lesegarten konzipiert und in der warmen Jahreshälfte durch versenkbare Fensterscheiben direkt mit dem Lesebereich im Innern verbunden.

Gegenwärtig steht die künftige Nutzung des Hauses als Bibliothek in Frage. Nach einer Idee der SPD sollen die Hansabibliothek und die Bruno-Lösche-Bibliothek in der Perleberger Straße aus Spargründen zusammengelegt werden. Als neuer Bibliotheksstandort ist das Gelände der früheren Schultheiss-Brauerei im Gespräch, wo ein neues Einkaufszentrum entstehen wird und Räume angemietet werden könnten. Ob der Bezirk damit tatsächlich Geld einsparen kann, ist umstritten. Die Hansabiliothek gehört schließlich dem Bezirk selbst und wirtschaftet im Plus.

Trotz großer Proteste gegen die Schließungspläne, bei denen unter anderem vor kurzem bei einer Online-Petititon über 2.300 Unterschriften in nur sieben Tagen zusammenkamen, hält die SPD weiter an ihren Plänen fest. Ein entsprechender Antrag soll nach der Sommerpause in der BVV gestellt werden. Sollte dieser die Mehrheit finden, verliert das Hansaviertel nicht nur einen berlinweit geschätzten Bibliotheksbau, sondern auch einen wesentlichen Baustein der IBA 57, für deren Bauerbe kürzlich ein Antrag auf die Aufnahme ins Weltkulturerbe unterzeichnet wurde.

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Literaturhinweise

  •  Werner Düttmann, Hansabücherei, in: Wiederaufbau Hansaviertel, Interbau Berlin 57, hrsg. v. SenBauWw und BDA, Berlin 1957, S.116-119.
  • Baukunst und Werkform 6/1958, S.310f.
  • Glasforum 4/1958, S.14-17.
  • Michael Brawne, Bibliotheken. Architektur und Einrichtung, Stuttgart 1970, S.46ff., 130, 164, 166/67.
  • Haila Och (Hg.), Verliebt ins Bauen. Architektur für Berlin 1921-1983, Berlin 1990.
  • Das ist unser Haus, Artikel im Tagesspiegel am 17. Juni.

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